Visuelle Mailbox für Android – eine fragmentierte Katastrophe
Inhaltsverzeichnis
Die Mailbox fühlt sich an wie ein Relikt aus einem anderen Jahrtausend. Ich erhalte eine SMS als Benachrichtigung über eine neue Voicemail, muss dann eine Telefonnummer anrufen und mich dort durch ein Menü mit Roboterstimme quälen. Einstellungen vornehmen ist oft auch nur über diesen Weg möglich und sonderlich komfortabel ist all das wirklich nicht.
Die gute Nachricht ist: Es gibt seit vielen Jahren eine deutlich bessere Alternative, nämlich die visuelle Mailbox, die bereits in die Telefon-App eures Smartphones eingebaut ist.
Natürlich folgt jetzt auch eine schlechte Nachricht: In Deutschland unterstützt aktuell kein einziger Anbieter diese Funktion für Android-Smartphones. In den folgenden Absätzen schauen wir uns die Funktion gemeinsam an. Außerdem geben wir euch einen Überblick der Netzanbieter in den deutschsprachigen Ländern, die das Feature unterstützen.
Was ist Visual Voicemail?
Die Visual Voicemail (VVM) ist eine grafische Oberfläche, in der alle Sprachnachrichten als Liste dargestellt werden. Ebenso werden Absenderinformationen und in der Telefon-App von Google auch ein Transkript der Sprachnachricht angezeigt.
Technisch basiert die Funktion auf dem Standard Open Mobile Terminal Platform (OMTP), der wiederum auf dem Standard Internet Message Access Protocol (IMAP) basiert. Seit der Veröffentlichung von Android 6.0 (Marshmallow) ist ein VVM-Framework in die Telefon-App integriert. Der Dienst wird meist durch eine vom Anbieter gesendete SMS aktiviert, die ihr in der klassischen Voicemail in den Einstellungen auslösen könnt.
Der Screenshot auf der rechten Seite stammt aus einem O2 Forum und ist vor rund neun Jahren auf dem Google Pixel 3 aufgenommen worden. Aktuelle Aufnahmen sind im Internet rar gesät oder zeigen, welche Fehlermeldungen erscheinen, wenn die Visual Voicemail unterstützt wird, aber trotzdem nicht funktioniert. Wenn ihr uns einen aktuellen Screenshot anfertigen könnt, freuen wir uns über einen Anhang in den Kommentaren!
Visuelle Mailbox in den deutschsprachigen Ländern
Vor allem in Europa setzen viele Mobilfunkanbieter auf eigene Lösungen oder bieten überhaupt keine Alternative zur klassischen Mailbox an.
Deutschland
In Deutschland unterstützen aktuell O2 (“O2 Voicemail“) und die Telekom (“Voicemail“) die visuelle Mailbox, allerdings beide nicht die native Implementierung. Stattdessen müsst ihr auf die Apps der Anbieter zurückgreifen.
Bei Vodafone gibt es nicht einmal das. Zuletzt wurde als Alternative zur klassischen Mailbox die Weiterleitung der Sprachnachricht als MMS angeboten, was mit der schrittweisen Abschaltung des MMS-Dienstes seit Anfang 2023 obsolet geworden ist. Jetzt könnt ihr die Audiodatei nur noch per E-Mail weiterleiten.
Auf unsere Anfrage hat 1&1 bestätigt, dass die Funktion für Android derzeit nicht unterstützt wird und es auch keine Mailbox-App vom Anbieter gibt.
Zum aktuellen Zeitpunkt unterstützen wir Visual Voicemail (VVM) ausschließlich bei Apple iPhones. Nutzer von Android-Smartphones können wie gewohnt die Standardfunktionen der klassischen Mailbox verwenden.
Pressestelle von 1&1, 18. August 2025
Für die Zukunft können sich zumindest Kunden der Telekom auf die native Implementierung freuen. Auf unsere Anfrage bestätigt ein Sprecher des Unternehmens, dass die Einführung der Funktion bereits geplant ist.
Die Telekom arbeitet an der Einführung der nativen Visual Voicemail für Android über den OMTP-Standard.
Pressestelle der Telekom, 15. August 2025
Der Konzern aus Bonn hat bereits die Abschaltung der eigenen Mailbox-App angekündigt. Die hauseigene Anwendung wird ab September 2025 aus dem Apple App Store verschwinden, aber noch bis Ende 2026 im Google Play Store verfügbar sein.
Österreich
In Österreich ist die Situation noch schlechter. A1 Telekom Austria, Magenta und Drei bieten überhaupt keine visuelle Mailbox für Android. Magenta und Drei vermarkten die Funktion für Apple-Nutzer als kostenpflichtiges Zusatzpaket für 1,50€ im Monat.
Schweiz
Swisscom bietet eine umfassende Unterstützung der nativ in Android integrierten visuellen Mailbox – natürlich ohne Aufpreis. Einträge in Community-Foren des Anbieters sprechen dafür, dass die Funktion seit rund fünf Jahren unterstützt wird. Auch bei der Untermarke Wingo ist VVM eine kostenfreie Option.
Sunrise unterstützt die visuelle Mailbox ohne zusätzliche App aus irgendeinem Grund nur auf Smartphones von Samsung mit mindestens Android 13. Immerhin steht eine App (“Sunrise Mailbox“) für alle anderen Nutzer bereit.
Der weltweite Visual Voicemail-Flickenteppich
Ein Blick in die Europäische Union bestätigt die Inkonsistenz der DACH-Region.
In Frankreich setzen alle großen Anbieter auf eigene Apps. Der britische Markt ist dagegen eine noch größere Enttäuschung, denn EE, Vodafone UK und Three UK unterstützen das Feature überhaupt nicht und bei O2 UK wird die Umsetzung als fehleranfällig und auf wenige Geräte beschränkt beschrieben. In Spanien und Italien scheint es überhaupt keine Anbieter mit VVM-Support zu geben.
In den Vereinigten Staaten zeichnet sich ein anderes Bild. Der Anbieter Verizon unterstützt Visual Voicemail für Android mit einer eigenen App. Für 2,99$ im Monat könnt ihr eine “Premium”-Version mit Transkription dazubuchen. Ähnlich sieht es bei T-Mobile US aus. Bei AT&T gibt es die visuelle Mailbox immer ohne zusätzliche Kosten, aber auch über eigene App und nicht über die native Implementierung von Android.
Ein iPhone müsste man haben …
Aktuell ist das wohl der einzige Schluss, den meine Recherche zulässt. Mobilfunkanbieter, die das iPhone vertreiben möchten, sind zur Unterstützung der Visual Voicemail für iOS verpflichtet. Damit garantiert Apple auf beinahe jedem iPhone in beinahe jedem Land der Welt eine nahtlose Erfahrung, die immer exakt identisch abläuft und aussieht. Bei Android muss man sich ja stattdessen schon darüber freuen, wenn es überhaupt eine Erfahrung gibt.
Einige Anbieter haben sich dagegen gewehrt, unter anderem Three UK. Also hat Apple mit iOS 17 die Funktion Live Voicemail eingeführt. Live Voicemail fängt den Anruf direkt auf dem Gerät ab, noch bevor er an die Mailbox des Anbieters weitergeleitet wird. Deswegen können sich die Anbieter überhaupt nicht gegen das Feature wehren. Ist das iPhone ausgeschaltet, funktioniert Live Voicemail allerdings nicht.
Alternativen, Ausblick & Fazit
Wenn euer Anbieter weder die native Implementierung anbietet, noch eine eigene Mailbox-App bereitstellt, könnt ihr auf Drittanbieterlösungen zurückgreifen. In den USA sind die Dienste Google Voice und YouMail sehr beliebt. Hierzulande ist das Konzept anscheinend noch nicht wirklich angekommen.
Diese Drittanbieterlösungen basieren auf der bedingten Rufumleitung (Conditional Call Forwarding, CCF). Wenn der Anschluss besetzt ist oder der Anruf nicht entgegengenommen wird, greift die Weiterleitung an eine frei wählbare Rufnummer, in diesem Fall dann eben eure Nummer bei Google Voice oder YouMail.
Abgesehen von Swisscom, die vorbildlich die native Lösung für Android-Smartphones unterstützen, wird die Verbreitung der visuellen Mailbox in Europa durch eine starke Fragmentierung ausgezeichnet. Einige Anbieter haben eine eigene App auf den Markt gebracht, andere Betreiber unterstützen überhaupt keine Visual Voicemail für Android. In Deutschland arbeitet zumindest die Telekom an einer nativen Umsetzung der Funktion.
Wenn euch dieses Thema wirklich wichtig ist, müsst ihr aktuell entweder den Kauf eines iPhones oder einen Umzug in die Schweiz in Betracht ziehen. Scheinbar will Google aber mit dem Launch der Pixel 10-Smartphones seine eigene Version von Live Voicemail in die Telefon-App integrieren. Darauf deutet ein Teardown von Android Authority hin. Dabei soll es sich aber um eine KI-Funktion handeln, möglicherweise auf Basis von Gemini Nano, und ob die hierzulande wirklich erscheint, bleibt abzuwarten.
Schreibt uns eure Meinung zu dem Thema gerne in die Kommentare!
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Mailbox wozu überhaupt noch? Ich sehe wer angerufen hat und rufe zurück.
Bei der Schweiz wurde Salt vergessen.