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Dass chinesische Hersteller den Smartphone- und neuerdings auch den Smart Home-Markt kräftig aufmischen, ist euch als Chinahandys.net-Leser bestimmt bekannt. Aber auch in kleineren Nischen sorgen Unternehmen aus Fernost für kräftig frischen Wind. Musste man noch vor nicht allzu langer Zeit als Endkunde für einen vergleichsweise einfachen 3D-Drucker schon einen vierstelligen Betrag auf den Tisch legen, bieten heute Anycubic, Creality3D und Anet ihre günstigsten Modelle für einen Bruchteil dessen an. Uns hat natürlich interessiert, was man in der Budgetklasse erwarten kann. Deswegen haben wir für euch den Anet E10 getestet.
Da das 250€-Gerät selbst unser erster Drucker ist, können wir euch natürlich nicht wie üblich einen detaillierten Vergleich mit den Konkurrenzprodukten liefern. Vielmehr wollten wir unsere Erfahrungen aus einer vollkommenen Einsteigerperspektive mit euch teilen – mit allen Erkenntnissen, Herausforderungen und Erfolgserlebnissen. Wir werden diesen Test in Zukunft weiter mit neuen Fotos und Informationen aktualisieren. Vergesst also nicht wieder vorbeizuschauen!
Überblick
Das Angebot an 3D-Druckern lässt sich grob in drei Gruppen einteilen: Industriegeräte, die oft zehn- oder gar hunderttausende Euro kosten und häufig zum Prototyping eingesetzt werden, die Prosumer-Drucker, wie z.B. die Geräte von Makerbot, die gerne über 1000€ kosten können und die Einsteigermodelle, die fast ausschließlich von chinesischen Herstellern auf den Markt gebracht werden. Die industriell eingesetzten Geräte basieren meist auf einer ganz anderen Technik als die Endkundengeräte, weswegen wir diese erstmal ausklammern. So gut wie alle für den Heimgebrauch konzipierten Drucken nutzen das Fused Deposition Fabrication (FDF) verfahren, bei dem geschmolzener Kunststoff schichtweise aufgetragen wird und so das Objekt entsteht. Die zwei beliebtesten Typen sind kartesische und Delta-Drucker, wobei erstere wegen ihrer leichteren Kalibrierung für Anfänger geeigneter sein sollen.
Features
Der Anet E10 bewegt sich mit 250€ preislich zwischen seinem kleinen Bruder, dem A8 (ca. 130€) und dem populären Creality3D CR-10 (ca. 410€). Auch beim Blick auf die Feature-Liste zeigt sich, dass der Drucker zwischen den beiden Konkurrenten angesiedelt ist. Im Vergleich zum, bei Einsteigern beliebten, A8 verfügt der E10 über einen größeren Druckbereich (220 x 270 x 300mm vs. 220 x 220 x 240 mm) und ein Heated Bed, das ein Verzerren des Drucks verhindern und so die Druckqualität steigern soll. Außerdem wird der E10 größtenteils zusammengebaut geliefert und muss nicht, wie der A8, komplett aus Einzelteilen aufgebaut werden. Er kann sowohl mit PLA- als auch ABS-Filament mit einer Dicke von 1,75mm umgehen, welches in 0,1-0,4mm dicken Schichten aufgetragen wird und unterstützt Druckgeschwindigkeiten von 40 mm/s bis 120 mm/s. Das Heated Bed kann bis zu einer Temperatur von 100 C°, das Hotend bis zu 260 C° erhitzt werden. Generell ist der E10 aus wertigeren Materialien hergestellt als der A8. Insbesondere der Aluminiumrahmen dürfte sich nach einiger Zeit als beständiger gegen Verbiegen und Verziehen zeigen als das im A8 verbaute Acryl.
Beim Thema Rahmen sind wir jedoch auch gleich an einem Kritikpunkt, der häufig gegenüber dem E10 genannt wird, angekommen. Zwar ähnelt er sich äußerlich dem etwa 150€ teureren Creality3D CR-10, er ist aber teilweise aus qualitativ sehr unterschiedlichen Komponenten aufgebaut. So hat der CR-10 einen Stahlrahmen mit T-Profil, der A10 einen Aluminiumrahmen mit T-Profil. Erfahrene Nutzer sehen darin einen schlechten Kompromiss, wenn es um Widerstandsfähigkeit und Langlebigkeit geht. Auch die Qualität der Riemen des E10 wird im Netz häufiger kritisiert. Ob sich die Kritikpunkte auch für uns in der Realität gezeigt habe, werden wir euch in einem Update berichten.
Aufbau
Der Drucker kommt in einem unscheinbaren, braunen Versandkarton ohne weitere Beschriftung daher. Neben den Teilen für das Gerät selbst, die glücklicherweise vom Hersteller schon weitestgehend zusammengeschraubt wurden, befindet sich Werkzeug (Schraubenzieher, Inbusschlüssel und Spachtel), ein 1,5m langes USB-Kabel, 20m weißes PLA-Filament, Ersatzteile sowie eine 8GB MicroSD-Karte inkl. Lesegerät in der Box. Hier hat Anet wirklich an alles gedacht. Besonders für Einsteiger ist es ein großer Vorteil, dass es sich beim E10 nicht um ein richtiges Kit handelt, d.h. er nicht vollständig aus Einzelteilen zusammengebaut werden muss. Anet hat zwar eine Papieranleitung beigelegt, die aber ziemlich spärlich ausfällt. Wir empfehlen euch gleich auf PDFs von der Speicherkarte zurückzugreifen, da hier die Schritte bebildert und ausführlicher beschrieben sind. Der gesamte Aufbau besteht aus lediglich zehn Schritten, die wir auch als vollkommene Neulinge ohne größere Schwierigkeiten nachvollziehen konnten. Einziges Problem, dass sich beim ersten Testlauf zeigte, war jedoch, dass zwei Labels an den Motorkabeln vertauscht waren. Das führte dazu, dass sich die X-Achse bewegte, wenn es eigentlich die Y-Achse sollte und umgekehrt. Wir konnten das Problem aber schnell durch manuelles Ansteuern der Achsen identifizieren und lösen.
Erster Druck
Als wir mit dem Hardware-Aufbau fertig waren, ging es an die Konfiguration der Software. Wir haben uns für Cura als Slicer (Software, die eine 3-D-Datei in das für den Druck nötige Datenformat konvertiert) entschieden, der Anet E10 ist aber auch mit Repetier Host kompatibel. Alle nötigen Programme und Konfigurationsdateien sind auf der SD-Karte enthalten (jedoch teilweise nicht die neusten Versionen). Der Installationsprozess wird ausführlich in einem PDF erklärt. Besonders gut hat uns gefallen, dass schrittweise die für einen Anfänger doch sehr unklaren Einstellungsmöglichkeiten und deren Auswirkungen auf den Druck anhand von Beispielen erklärt werden. Nachdem wir Cura installiert und das Profil für den E10 geladen hatten, waren wir schon startklar. Bei jedem slicen kann eine ganze Reihe an Einstellungen getätigt werden, von Wanddicke bis Druckgeschwindigkeit. Zum Glück bietet Cura zwei verschiedene Modi an: „Recommended“ und „Custom“. Im Ersteren genügen wenige Klicks, um die grundlegenden Einstellungen für den Druck zu tätigen. Im „Custom“-Modus können alle Parameter bis ins kleinste Detail angepasst werden. Zum Start reicht der einfache Modus aus, um schnell zum Druck zu kommen. Ist man etwas vertrauter mit den Begriffen und Einstellungsmöglichkeiten, lohnt sich dennoch ein Blick in die ausführliche Ansicht. Prinzipiell ist es möglich den Anet E10 per USB an den Computer anzuschließen und ohne den Umweg über die MicroSD-Karte direkt aus Cura zu drucken. Das wird aber wegen der hohen Fehleranfälligkeit nicht empfohlen. Schaltet sich euer Rechner in den Schlafmodus oder wird die Verbindung sonst wie unterbrochen, bricht der Druck ab und kann auch nicht ohne Weiteres wieder fortgesetzt werden.
Zum direkt Loslegen sind auf der mitgelieferten MicroSD-Karte einige druckbereite Modelle abgespeichert. Wir entschieden uns für die aussagekräftige Datei „Character“ und warteten ab. Nach etwa zwei Stunden spuckte der E10 eine Männerbüste mit „Shia“ auf dem Sockel aus. Ob es sich dabei um Shia LaBeauf handelt, konnten wir uns trotz der eigentlich guten Druckqualität bis heute nicht einigen. Mit Ausnahme einiger Unsauberkeiten an überhängenden Teilen waren wir ziemlich beeindruckt, was der E10 im völlig unkalibrierten Zustand ablieferte.
Problemlösungen
Eines vorweg: In der Preisklasse des Anet E10 darf man kein Out-of-the-Box-Gerät erwarten. 3D Drucker sind auch heute noch vor allem als Hobby gedacht und man muss sich darauf einstellen, daran rumzubasteln und Zeit in das Gerät zu investieren.
Da wir auch mit dieser Erwartungshaltung an den E10 herangegangen sind, waren wir nicht sehr überrascht, als wir vor den ersten Problemen standen. Nach einigen Drucken war die Folie auf dem Hotbed durch das Ablösen von Drucken so schwer beschädigt, dass wir keine andere Wahl hatten als sie zu entfernen. Stattdessen sorgt nun 3M Blue Tape, das von vielen Nutzern empfohlen wird, dafür, dass die Drucke an der Bodenplatte haften bleiben.
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Außerdem mussten wir die PTFE-Röhre, die das Filament vom Extruder zum Hotend führt, notdürftig mit Heißkleber befestigen, da der Stecker den Schlauch nach einmaligem Herausziehen nicht mehr zuverlässig festhielt. Da der E10, wie die meisten günstigeren 3D-Drucker, Großteils aus Standardteilen bestehen, sind die Reparaturen zum Glück nicht teuer. Ein neuer Stecker kostet zum Beispiel etwa 30 Cent inkl. Versand auf Aliexpress. Nur die Wartezeit von bis zu vier Wochen kann schnell den Spaß trüben, weshalb wir gleich auf Vorrat Ersatzteile geordert haben.
Womit wir auch bei längerer Benutzung nicht richtig warm wurden, ist die Steuereinheit. Zum einen hat das Display nicht mehr zeitgemäße Blickwinkel, was besonders auffällt, wenn man den Drucker auf dem Fußboden verwendet. Das metallene Steuerrad, mit dem man im Menü navigiert, war bei unserem Gerät leider eingedellt und ließ sich zu Beginn nur unzuverlässig verwenden. Nach etwas rumwackeln läuft es nun aber problemlos. Auch einige Optionen könnten schöner gelöst sein. So fährt bei „Pause Print“ der Druckkopf bei Seite, bei der Option „End Print“ bleibt er jedoch einfach stehen und muss manuell wegbewegt werden. Das sollte so nicht sein.
In den vergangenen Wochen haben wir schon einige kleinere Objekte gedruckt, die wir euch an dieser Stelle auch nicht vorenthalten wollen.
Die Druckzeiten bewegen sich bei einer Schichthöhe von 0,1mm zwischen ca. 30 Minuten für den Kalibrierungswürfel und etwa 2,5 Stunden für das Boot Benchy. Dieses kann als Benchmark für die verschiedenen 3D-Drucker verwendet werden, um die Qualität miteinander zu vergleichen.
Die Druckqualität ist zwar schon zufriedenstellend, aber es gibt definitiv noch Optimierungsbedarf (in Cura und am Gerät). Da wir immer noch weiter an der Feinabstimmung arbeiten und auch noch einige größere Drucke planen, werden wir unsere Ergebnisse Stück für Stück hier hochladen.
Allgemein sind wir gut mit dem E10 zurechtgekommen, auch wenn es durchaus eine Lernkurve gibt. Wer dem Tüfteln nicht abgeneigt ist und Spaß am Lösen kleinerer Probleme hat, wird auch daran seine Freude finden.
Testergebnis
3D-Drucker sind mehr als ein praktisches Gadget – bei uns wurde inzwischen ein Hobby daraus. Dadurch, dass die Welt des 3D-Druckens so umfangreich und komplex ist, sowie der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind, muss man sich erst in diese Einarbeiten – wird aber durch immer bessere Ergebnisse belohnt.
Ob der Anet E10 eine gute Wahl als erster 3D-Drucker ist, kommt vor allem auf euer Budget an. Für relativ wenig Geld bekommt man hier schon einen funktionstüchtigen 3D-Drucker, mit dem sich schöne Resultate erzielen lassen. Natürlich gibt es im höheren Preisbereich noch bessere Geräte. Der Creality3D CR-10 scheint, schenkt man Datenblatt und Reviews glauben, definitiv der bessere Drucker zu sein, schlägt aber auch mit über 150€ mehr zu buche.
Einsteiger, die keine Lust auf ein Kit aus lauter Einzelteilen haben und mit den kleinen Schwachstellen eines sonst soliden Druckers leben können, treffen mit dem Anet E10 sicherlich eine gute Wahl.
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