VDE-Norm V 0126-95 Produktnorm für Balkonkraftwerke – schlimmer geht immer
Inhaltsverzeichnis
In den vergangenen Jahren erfreuten sich Balkonkraftwerke immer größerer Beliebtheit. So ermöglichen diese kleinen Solaranlagen, nicht unerhebliche Mengen Strom selbst zu erzeugen und somit die Stromkosten effektiv zu senken. Schätzungen zufolge sind aktuell über 1,5 Million dieser Anlagen in Deutschland offiziell angemeldet und in Betrieb.
Mit dem Solarpaket 1 (zum Artikel) wurde bereits 2023 der Weg zu einer unkomplizierten Anmeldung geebnet. So wurde die Leistungsgrenze der Wechselrichter von 600 auf 800W angehoben, das Anmeldeverfahren enorm vereinfacht und der Schuko-Stecker als Anschlussmöglichkeit toleriert. Auf diesen Gesetzesentwurf folgte im Jahr 2024 der Entwurf der VDE-Norm V 0126-95, die aber bis zum heutigen Tag nicht in Kraft gesetzt wurde. Dies ändert sich im Dezember 2025, wodurch diese fortan umgesetzt werden muss. Wir haben für euch die wichtigsten Änderungen zusammengefasst und erläutern euch hier die aktuellen Voraussetzungen für den Betrieb eines Balkonkraftwerks.
VDE – Was ist das und welche Bedeutung haben VDE-Normen
Der VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) ist eine deutsche technische Organisation, die Normen, Prüfungen und Zertifizierungen für elektrische Geräte und Anlagen erstellt. VDE-Normen sind technische Standards, die Mindestanforderungen an Sicherheit, Qualität und Zuverlässigkeit festlegen. VDE-Normen sind zwar keine Gesetze, werden aber als anerkannte Regeln der Technik betrachtet und sind daher rechtliche Grundlage für Prüfungen und Zulassungen elektrischer Anlagen. Somit drohen euch zwar keine direkten Strafen, wenn die entsprechende Norm nicht beachtet wird, aber dennoch kann es beim Eintritt einer schwerwiegenden Folge (Brand oder Gefährdung von Menschenleben) zu rechtlichen Konsequenzen für den Verursacher kommen.
Die VDE-Norm V 0126-95
Laut der offiziellen Presseseite des VDE erscheint nach acht Jahren Normungsarbeit im Dezember 2025 die nationale Produktnorm für Steckersolargeräte. Vorausgegangen sind intensive Ermittlungen von Anforderungen, Prüfverfahren und Sicherheitsstandards. Mit der Veröffentlichung des Entwurfes im Jahr 2024 folgten insgesamt 1.250 Einsprüche und schlussendlich noch ein Schlichtungsverfahren, bis die neue Norm verabschiedet werden konnte. Die jetzige Fassung schafft in vielen Bereichen schlussendlich klare Regelungen, die allerdings nicht unbedingt auf allgemeine Zustimmung treffen dürften. Wir haben für euch die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
Schuko-Stecker bis 960W Modulleistung
Wie bereits im Entwurf dargelegt, wurde die allgemeine Leistungsgrenze für die Wechselrichter der Balkonkraftwerke auf 800W festgesetzt. In diesem Zusammenhang wird die maximale Solarmodulleistung auf 960W limitiert, wenn die Einspeisung über einen handelsüblichen Schuko-Stecker erfolgen soll. Das bedeutet, dass ihr für den Betrieb von Balkonkraftwerken mit mehr als 960W Modulleistung zukünftig einen Einspeisestecker mit dazugehöriger Einspeisesteckdose (Wieland-Stecker/Steckdose) verwenden müsst, um die Anlage VDE-konform zu betreiben. Große Balkonkraftwerke mit 2000W Modulleistung, wie sie heutzutage üblich sind, können somit nur noch mit erhöhten Kosten für eine entsprechende Einspeisesteckdose betrieben werden. Weiterhin schreibt die Norm vor, dass der Ausgangsstrom des Wechselrichters nicht durch den Endanwender verändert werden darf. Das bedeutet, dass ein auf 800W gedrosselter Wechselrichter, der per Software auf höhere Leistungen eingestellt werden kann (z. B. Hoymiles HMS-2000-4T (zum Test)), künftig für Balkonkraftwerke nicht mehr zulässig ist.
Neue Schutzmaßnahmen für Schuko-Stecker
Mit der offiziellen Möglichkeit, einen Schuko-Stecker für die Einspeisung zu verwenden, wurden zusätzliche Schutzmaßnahmen definiert, die einen sicheren Betrieb garantieren. So soll der Basisschutz und die elektrische Sicherheit wahlweise mechanisch oder elektromechanisch sichergestellt werden. Das bedeutet, dass der Schuko-Stecker mit einer Schutzumhüllung ausgestattet wird oder einen internen Trennschalter besitzt, der einen elektrischen Schlag bei Berührung der Kontakte verhindert. Dies kann auch mit einer galvanischen Trennung im Wechselrichter und der Schnellentladung der Kondensatoren auf der Sekundärseite sichergestellt werden. Das bedeutet, dass die DC-Seite (Solarmodule) zum Beispiel durch einen Transformator von der AC-Seite (Netzspannung) abgekoppelt wird. Diese Sicherheitsmerkmale sind heute schon Stand der Technik in fast allen handelsüblichen Wechselrichtern für Balkonkraftwerke, weshalb hier nur in wenigen Fällen Handlungsbedarf besteht.
Speichersysteme für Balkonkraftwerke – ein Ausblick
Die derzeitige Gesetzeslage fordert, dass die Installation von Energiespeichern durch eine Elektrofachkraft durchzuführen ist und die Anmeldung im Marktstammdatenregister erfolgt. In der kommenden VDE-Norm V 0126-95 wird das Thema Speicher für Balkonkraftwerke allerdings nicht thematisiert. Somit bestehen in diesem Bereich immer noch keine klaren Regelungen, unter welchen Voraussetzungen diese betrieben werden dürfen. Laut VDE wird voraussichtlich im kommenden Jahr eine entsprechende Norm verabschiedet, die sich explizit mit diesem Thema auseinandersetzt. Es wird davon ausgegangen, dass Kleinstspeicher lediglich einer Anmeldung im Marktstammdatenregister bedürfen. Dieses Vorgehen wird schon heute von zahlreichen Netzbetreibern toleriert. Es ist zu hoffen, dass bei den Speichersystemen die 960W Solarmodulgrenze für die Nutzung des Schuko-Steckers entfällt. Andernfalls würden Kleinstspeicher, wie sie in der heutigen Form existieren, nicht mehr den Richtlinien entsprechen.
Bestandsschutz für bereits installierte Anlagen?
Anlagen, die bis zur Veröffentlichung der neuen Norm installiert wurden, behalten in der Regel Bestandsschutz und müssen nicht zwangsläufig umgerüstet werden. Der Bestandsschutz bezieht sich darauf, dass bestehende Anlagen, wenn sie zum Zeitpunkt der Errichtung den damals gültigen anerkannten Regeln der Technik entsprochen haben und weiterhin unter denselben Betriebsbedingungen betrieben werden. Allerdings gilt dies nur, solange keine Änderungen an der Anlage vorgenommen werden. Sollte der Standort der Anlage verändert oder ein neuer Wechselrichter/Solarmodule aufgrund eines Defekts installiert werden, muss die Anlage nach der aktuell geltenden Norm aufgebaut werden.
Einschätzung der Redaktion
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass VDE-Normen eine wichtige Funktion erfüllen und maßgeblich dazu beitragen, dass die elektrische Betriebssicherheit in Deutschland weltweite Standards setzt. Dennoch sind in der kommenden Fassung der VDE-Norm für Balkonkraftwerke einige Punkte enthalten, die für den Endverbraucher unverständlich sind. Die Forderung nach einer Einspeisesteckdose bei mehr als 960W Modulleistung ergibt technisch wenig Sinn und erweckt den Anschein, dass große Balkonkraftwerke in Privathaushalten unerwünscht sind. Diese Vorschrift wird vermutlich dazu führen, dass größere Anlagen mit 2000W Modulleistung einfach nicht mehr gemeldet werden. Das wäre weder im Sinne der Verbraucher noch netzdienlich. Wir sind auf jeden Fall gespannt, wie die VDE-Norm V 0126-95 den Markt für Balkonkraftwerke im kommenden Jahr verändern wird, befürchten aber, dass diese die Energiewende im Privatsektor sogar ausbremsen könnte.
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