Stiftung Warentest testet Balkonkraftwerke – 5 von 8 sind mangelhaft?
In der Ausgabe 06/2025 widmet sich Stiftung Warentest dem Thema Balkonkraftwerke. Insgesamt wurden acht Balkonkraftwerke verschiedener Hersteller und deren Haltesysteme/Montagesysteme getestet. Hierbei erreichten lediglich zwei Balkonkraftwerke die Note gut, während fünf Modelle von teils renommierten Herstellern völlig deklassiert wurden. Wir haben uns den Test einmal genauer angeschaut und zeigen euch die Gründe für das desaströse Abschneiden.
Die Stiftung Warentest ist seit Jahrzehnten eine Institution für unabhängige Produkttests in allen Bereichen des Lebens. Die Stiftung wurde 1964 von der Bundesrepublik Deutschland gegründet und soll sicherstellen, dass der Verbraucher über Produkte und Dienstleistungen informiert werden und dass diese den Ansprüchen der Konsumenten entsprechen.
Wer und wie wurde getestet?
Zu den Testkandidaten gehörten beliebte Anbieter wie Green Solar, Anker, Yuma, EPP Solar, Heckert Solar, PV und So und Kleines Kraftwerk. Während sowohl die Sicherheit als auch die Leistungswerte weitestgehend überzeugen konnten, versagten fünf der getesteten Balkonkraftwerke im Belastungstest. Der bekannte YouTuber Andreas Schmitz, auch bekannt als Akku Doktor hat in seinem Video (Link zum Video) das Testverfahren ausführlich analysiert und entsprechende Bedenken geäußert.
Der Belastungstest von Stiftung Warentest wird im Testverfahren mithilfe von Gewichten simuliert. Somit wird eine Druckbelastung von oben ausgeführt, wie sie bei hoher Schnee- und Windlast auftreten kann. Das Testverfahren an sich ist zweifelsfrei geeignet, um die Stabilität der Solarmodule in Kombination mit den jeweiligen Haltesystemen zu überprüfen. Allerdings setzt Stiftung Warentest Belastungswerte als Referenz an, die zum einen die Anforderungen des TÜV-Süd um das Dreifache übersteigen und zum anderen in Deutschland nahezu nicht auftreten können. Für einen bestandenen Test wird von Stiftung Warentest eine Druckbelastung von 5400 Pascal gefordert, was einem Gewicht von 540 Kilogramm pro Quadratmeter entspricht. Bei einem Standardmodul mit einer Fläche von zwei Quadratmetern lastet somit 1 Tonne Gewicht auf den Modulen und der Halterung. Dieser enormen Belastung hielten fünf der getesteten Balkonkraftwerke nicht stand. Bei einem Testkandidaten wurde sogar das Solarmodul von der Halterung durchstoßen.
Betrachtet man dieses Testverfahren genauer, ist es wenig verwunderlich, dass die Balkonkraftwerke so zahlreich versagt haben. Mit 5400 Pascal liegt die Druckbelastung bereits im Grenzbereich zahlreicher Solarmodulhersteller. Somit sind in diesem Testszenario nicht nur die Halterungen ein Schwachpunkt. Würden in Deutschland Wind- oder Schneelasten in diesem Bereich auftreten, würden nicht nur Balkonkraftwerke, sondern vermutlich auch zahlreiche Dach-PV Anlagen und Solarparks unter der enormen Last nachgeben.
Einschätzung der Redaktion
Somit lässt sich das Testverfahren von Stiftung Warentest zu Recht infrage stellen. Das Testergebnis ist nicht nur wenig repräsentativ, sondern besonders für kleine und mittelständische Unternehmen existenzgefährdend. Es stellt sich hier die Frage, warum Belastungstests, die den Anforderungen des TÜVs genügen, für Stiftung Warentest als zu niedrig eingestuft werden. Die Hersteller richten sich bei der Konstruktion ihrer Anlagen nach den Vorgaben der Prüforganisationen. Somit ist es wenig verwunderlich, dass ein Großteil der Anlagen die Werte des TÜVs zwar problemlos erfüllt, den extremen Belastungen von Stiftung Warentest aber nicht gewachsen ist. Wir hoffen, dass zukünftige Tests transparenter und unter realistischeren Bedingungen durchgeführt werden und die Stiftung Warentest ihren Kompetenzanspruch in diesem Bereich zurückerhält.
Update: Auf eine Anfrage der Smartzone.de Redaktion, welche Grundlage für den Belastungstest herangezogen wurde, hat die Stiftung Warentest folgendes Statement abgegeben:
Aufgrund einiger Nachfragen geben wir gern ausführlichere Informationen zum Stabilitätstest, um einige Missverständnisse auszuräumen: Der Test der Balkonkraftwerke auf Stabilität wurde in Anlehnung an die etablierte PV-Modul Norm Din EN IEC 61215–2 durchgeführt. Dabei wurden die Module samt Halterung auf Druck und Zug belastet. Die Norm fordert eine Mindestprüflast von 2400 Pascal. Diese wurde mittels geeigneter Gewichte aufgebracht. Wenn die Produkte 2400 Pascal sowohl in der Druck- als auch in der Zugbelastung bestanden hatten, führten wir einen weiteren Test mit einer Druckbelastung von bis zu 5400 Pascal durch. Falls die Produkte die Prüfung mit der Mindestprüflast von 2400 Pascal nicht bestanden, bewerteten wir die Produkte mit Mangelhaft. Dies traf bereits auf fünf der acht Produkte im Test zu. An den Produkten befinden sich entsprechende Fußnoten bei den Noten für Belastung durch Wind und Schnee. Diese Ergebnisse bestätigten wir durch Prüfungen an weiteren Prüfmustern. Die Bewertung mit Mangelhaft im Belastungstest führt auch zu einem Gesamturteil Mangelhaft.
Somit bleibt festzuhalten, dass die Prüfkriterien der Stiftung Warentest zumindest in Bezug auf die 2400 Pascal einen Bezug zu einer DIN-Norm vorweisen. Leider ist aus dem Test nicht ersichtlich, bei welcher genauen Belastung die Modelle der einzelnen Hersteller versagt haben. Es wird aber deutlich, dass 5 der 8 Anlagen die 2400 Pascal nicht erreichen konnten und somit als mangelhaft abgewertet wurden.
Hier geht es zu unserer Kategorie “Solarpanel” mit den Tests vieler Solarpanels, Wechselrichter und Speichersysteme. Dort findet ihr Solarpaneele, die wir ausführlich getestet haben – nicht auf die Druckbelastung, sondern auf die Leistung:
Solarpanele, Wechselrichter und Speichersysteme im Test
In dem Zuge ist sicher auch der Artikel: “Leistungsvergleich: flexible Solarmodule gegen starre Glas-Solarmodule” lesenswert!
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Auf die Testberichte der Stiftung Warentest kann man sowieso nichts geben. Die waren bisher immer ziemlich fragwürdig, egal ob es um Handys, Kameras oder Virenscanner ging. Wer sich mit der Materie auskennt, hat immer gestaunt, was da für merkwürdige Kriterien in die Testergebnisse eingeflossen sind.
Zu dem Test hat “Der Akku Doktor” auf YouTube ein Video gemacht. Stiftung Warentest und deren Testkriterien sind dabei aber nicht sonderlich gut weggekommen.
https://youtu.be/I60fRZnjQxk?si=Dl4JzV2ZMzsOhepp
Hallo Wandrer
Dieses Video ist bereits in unserem Artikel verlinkt
Gruß
Micha
Der Zahlenwert 5400Pa (Pascal) ist mir aus mehreren technischen Datenblättern verschiedener PV-Modulhersteller geläufig und ich hatte ihn bislang auch nie hinterfragt. Vielleicht hat sich “die Stiftung” einfach nur gedacht: “na das wollen wir mal in der Wirklichkeit austesten, was das steht”. Allerdings ist dieser Wert absurd, wenn man von statisch ruhendem Schnee ausgeht! Schnee wiegt als lockerer Neuschnee lediglich 30-50kg/m³ und als feucht-nasser Altschnee 300-500kg/m³ (wikipedia/Schneelast). Lediglich geschmolzenes flüssiges Wasser wiegt 1000kg/m³. Das heißt 5400Pa entsprechen irgendwas zwischen 18m(!) Neuschnee oder 1,08m Altschnee. Ehrlich, ich möchte die PV-Paneele sehen, die in Deutschland 1m Schneeschicht (egal ob Altschnee oder Neuschnee) balancieren… Weiterlesen »
Wenn die IEC mit der Norm 60364-7-751 durchkommt, hat sich das mit neuen Balkonkraftwerken vermutlich erledigt.
Soweit ich gelesen habe, dürfte dann ein Balkonkraftwerk nicht mehr mit einem Standard Schukostecker an eine vorhandene Steckdose angeschlossen werden sondern nur noch mit Spezialstecker/dose an eine separater, eigenständige Leitung.
Bestandsschutz soll allerdings weiterhin gelten.
Frankreich und Niederlande wollen die IEC ja gar nicht in (dortiges) nationales Recht überführen. Perplexity fasst das zusammen: Frankreich und die Niederlande argumentieren zudem, dass nationale Besonderheiten und bestehende Sicherheitskonzepte ausreichend seien und eine Übernahme der IEC-Vorgaben daher aktuell keinen Mehrwert für Verbraucher und Energiewende biete. Ich finde das so gut formuliert, dass ich mich nicht mit fremden Federn schmücken mag. Wir sollten viel öfter fragen, was ist am deutschen Stromnetz, an den deutschen Besitzverhältnissen der Netzbetreiber und der deutschen PV-Solarparksbetreiber so anders, dass wir andere Regeln als F und NL brauchen. Geht es am Ende mal wieder nur um mehr… Weiterlesen »
Bisher ist noch nicht geklärt, ob und in welcher Form die IEC Norm in die deutsche Normierung einfließen wird. Daher ist es bisher nicht ratsam sich über Gegebenheiten aufzuregen, die noch nicht beschlossen sind.
Gruß
Micha
Im Zuge eurer Recherche habt ihr jedoch bestimmt bei Stiftung Warentest nachgefragt warum hier ein so hoher Wert angesetzt wird. Ich glaube nicht, dass Stiftung Warentest hier keine Antwort geben wird!
Eine Anfrage bezüglich der Belastungswerte ist gestellt. Wir werden hier ein entsprechendes Feedback posten, sobald die Antwort vorliegt. Allerdings konnte auch der Herr Andreas Schmitz bisher nicht klären, warum solche hohen Belastungen angesetzt wurden, obwohl er offenbar in direktem Kontakt mit Stiftung Warentest steht.
Gruß
Michael