Das Touroll S2 ist ein neues Klapp-E-Bike mit 10 cm breiten Reifen, das mit einem Preis von ca. 800€ schon eine Kampfansage ist. Wie gut sich dieses preisgünstige Einstiegs-Klapp-E-Bike im Test geschlagen hat, erfahrt ihr im Folgenden.
Das Touroll S2 wird von einem 650 W / 55 Nm Motor angetrieben, der mit einem Trittfrequenzsensor gesteuert wird. Die Bremsanlage besteht aus mechanischen Scheibenbremsen. Von der beworbenen elektrischen Motorbremse war im Test nichts zu spüren. Es verfügt über eine StVZO-konforme Beleuchtung vorne und hinten, eine Bremslichtfunktion ist jedoch leider nicht vorhanden.
Lieferung und Aufbau des Touroll S2
Das Touroll S2 wird als normales Paket geliefert und muss nicht per Spedition transportiert werden. Die Abmessungen liegen im normalen Bereich, das Gewicht von knapp 33 kg ist jedoch sehr hoch. Es gibt nicht viele Paketanbieter, schon gar nicht für private Versender. In meinem Fall kam das Paket mit FedEx bei mir an. Da das Touroll S2 sehr gut vormontiert ist, ist der Aufbau schnell erledigt.
Aufgrund der guten Verpackung ist der Aufwand beim Auspacken am größten. Um die zahlreichen Kabelbinder aufzuschneiden, ist eine kleine Elektronikerzange hilfreich. Im Notfall tut es auch eine scharfe Nagelschere.
Zur Montage des Touroll S2 müssen die folgenden Komponenten montiert werden: Vorderrad, Lenkerstange, Pedale und Schutzblech mit Scheinwerfer vorn. Eventuell müssen Schaltung und Bremsen noch leicht nachjustiert werden, was bei mir aber nicht der Fall war. Für die Montage liegen weiße Handschuhe und das nötige Werkzeug bei. Die Handschuhe habe ich später auch benutzt, allerdings waren sie nach dem Einsatz nicht mehr sonderlich weiß – dazu später mehr.
Zum Lieferumfang des Touroll S2 gehört:
- Werkzeug zum Zusammenbau
- Pedale
- Lenkerstange
- Akku
- Ladegerät
- Schutzbleche vorn und hinten
- Gepäckträger
- Sattel mit Sattelstütze
- Front- und Hecklicht
- Bedienungsanleitung
- 1 Paar Handschuhe
Technische Daten des Touroll S2
- mechanische Scheibenbremsen vorn und hinten
- 650 W / 55 Nm Heckmotor
- Akku mit 48 V / 15 Ah / 720 Wh
- Zuladung 120 kg
- 30,5 kg Gewicht
- Gabelfederung vorn
- Reichweite 71 km (auf höchster Unterstützung / PAS 5)
- Reifen 20 x 4 Zoll, grobstollig
- 7-Gang Shimano Schaltung
Touroll S2 im Videotest
Das Video wurde mit einem Oppo Find X7 (Test hier) und der Ton mit einem Funkmikro von DJI aufgenommen, die Kameraschwenks hat der DJI Osmo Mobile 7 Gimbal übernommen. Die Fahrszenen sind mit einer Insta X3 Kamera aufgenommen worden.
Praxistest und Fahrverhalten
Bei einer Körpergröße von 175 cm kann ich sowohl Lenker als auch Sattel ergonomisch einstellen. Der Sattel bietet noch ca. 5 cm Reserve, der Lenker ist auf maximaler Höhe eingestellt. Für Menschen ab 180 cm wird es dann schwieriger, eine optimale Sitzposition zu erreichen. Mit einer zusätzlichen Federung für die Sattelstütze lassen sich hier noch ein paar Zentimeter herausholen. Durch eine gefederte Sattelstütze verbessert sich auch der Federungskomfort deutlich. Allerdings bringen die breiten Reifen auch schon eine gute erste Federung.
Die Maße sind leider alle in Zoll angegeben. Für Zentimeter sind alle Werte mal 2,54 zu nehmen. So misst das Touroll dann im zusammengeklappten Zustand 97 cm x 74 cm x 45 cm und ausgeklappt 173 cm x 117 cm.
Mit dem Touroll S2 hat man aufgrund der nahezu unverwüstlichen, grobstolligen und 10 cm breiten Reifen fast immer eine sehr gute Traktion. Ich bin damit auch auf Waldwegen unterwegs gewesen. Erst im tiefen Sand hatte ich keinen Grip mehr und musste schieben. Auch die kleineren Hügelstrecken auf einer Mountainbike-Teststrecke waren für das Touroll S2 kein Problem. Apropos unverwüstliche, fette Reifen. In den letzten Jahren hatte ich keinen Platten mehr, aber leider habe ich ausgerechnet mit diesen dicken Reifen eine Schraube reingefahren. Der Reifen war schlagartig luftleer und ich musste das Hinterrad ausbauen. Glück im Unglück war, dass ich die Schraube kurz vor meiner Garage aufgesammelt habe. So konnte die Demontage auch gleich beginnen.
Die Demontage ist relativ einfach. Die Radnabenschrauben müssen auf beiden Seiten gelöst werden. Dabei auch die beiden Schrauben des silbernen Anschlagblechs auf beiden Seiten herausschrauben. Anschließend das Antriebskabel ausstecken und die Kabelbinderbefestigung am Rad verbleibenden Ende durchschneiden. Das letzte Kabelende am Rad bleibt dran, man kann es nicht einfach aus der Radnabe entfernen!
Anschließend den Reifen mit einem Reifenheber aus der Felge aushebeln und den Schlauch herausziehen. In meinem Fall war das Loch optisch sehr einfach zu lokalisieren. Solltet ihr einmal ein kleines Loch entdecken, könnt ihr den Reifen etwas aufpumpen und in einen mit Wasser gefüllten Eimer halten. An den aufsteigenden Blasen könnt ihr das Loch dann schnell lokalisieren.
Den Schlauch mit Schmirgelpapier leicht aufrauen, Vulkanisierlösung auftragen, etwas warten, Flicken aufpressen – fertig. Alles in allem dauert es etwa 30 Minuten. Beim Wiedereinbau war mir das Einführen des Rades zusammen mit der Bremsscheibe zu fummelig. Daher habe ich die Bremse abgebaut und nach dem Einsetzen des Rades wieder aufgesteckt.
Das Profil der Reifen ist laufrichtungsgebunden, d. h., man sollte beim Aufziehen darauf achten, dass sie richtig herum montiert werden. Wenn ihr das Fahrrad wie ich auf Sattel und Lenker stellt, muss der Pfeil, der die Laufrichtung anzeigt, nach hinten zeigen. Wenn ihr das Fahrrad zum Schluss wieder auf die Reifen stellt, zeigt er nach vorne.
Motor mit Steuerung über Trittfrequenzsensor
Das Touroll S2 wird von einem kraftvollen 650-W-Motor angetrieben, der ein beeindruckendes Drehmoment von 55 Nm erreicht. Er wird von einem Trittfrequenzsensor angesteuert. Leider ist hier kein Drehmomentsensor verbaut. Mit einem Trittfrequenzsensor lässt sich die Motorunterstützung nicht annähernd so feinfühlig steuern wie mit einem Drehmomentsensor. Das merkt man dem Touroll S2 beim Fahren deutlich an. Der Antrieb setzt erst nach ca. einer Kurbelumdrehung ein, was ein direktes Anfahren am Berg extrem erschwert. Wenn man aufgrund der Fahrsituation nicht herunterschalten kann, hat man ein Problem beim Anfahren. Eine kleine Verbesserung bringt eine Änderung im Grundmenü. Hier kann man einstellen, nach wie vielen Drehimpulsen der Antrieb einsetzen soll. Die Unterstützung ist in fünf Stufen unterteilt: Auf den Stufen 1–4 ist die Unterstützung relativ schwach, auf Stufe 5 merkt man eine kräftige Unterstützung.
Ein weiterer Nachteil des Trittfrequenzsensors ist, dass der Antrieb noch etwa eine Sekunde weiterschiebt, auch wenn man gar nicht mehr in die Pedale tritt. Dies kann nur unterbunden werden, indem kurz an einem der Bremshebel gezogen wird. Dadurch wird die Stromzufuhr zum Motor unterbrochen und der Antrieb schiebt nicht mehr nach. Die maximale Unterstützungsgeschwindigkeit kann im Hauptmenü bis 32 km/h eingestellt werden. Dies ist allerdings in Deutschland nicht zulässig. Erlaubt sind 25 km/h mit einer Toleranz von 10 %. Daher habe ich die Geschwindigkeit auf 27 km/h eingestellt. Damit bewegt man sich noch im legalen Bereich und nutzt die Geschwindigkeit voll aus.
Bremsen, Schaltung
Beim Touroll S2 sind vorn wie hinten mechanische Scheibenbremsen verbaut.
Entsprechend schwach ist das Bremsverhalten und der Bremsweg lang. Im normalen Betrieb merkt man das nicht sonderlich, aber bei einer Notbremsung können einem die entscheidenden Meter fehlen. In meinem Bekanntenkreis höre ich beim Thema mechanische Scheibenbremsen oft: „Früher hatten wir nur mechanische Bremsen.” Das stimmt, aber die Räder wogen auch nicht über 30 kg und man fuhr damit selten schneller als 25 km/h. Die beworbene elektronische Bremse hat sich nicht bemerkbar gemacht. In einem älteren Test habe ich mal einen Bremsenvergleich (Videovergleich hier) zwischen mechanischer und hydraulischer Scheibenbremse gemacht. Die hydraulische Scheibenbremse hat bei 25 km/h und Vollbremsung das Fahrrad in der halben Strecke zum Stehen gebracht.
Als Schaltung kommt eine gut schaltende Shimano 7-Gang Schaltung zum Einsatz. Alle Gänge ließen sich schnell und präzise einlegen. Auch an einen Bügel zum Schutz der Kassette ist gedacht worden.
Der Lenker des Touroll S2 hat ergonomische Griffhülsen, die mit Handballenauflagen versehen sind. Die Klingel auf der linken Seite hat ein pfiffiges Design und ist kaum als solche zu erkennen. Die Bremshebel sind gut angeordnet und lassen sich einfach erreichen.
Klappmechanismus – Transport des Touroll S2
Die Mechanik zum Zusammenklappen des Touroll S2 ist sehr schwergängig und etwas schwierig zu bedienen. Nachdem man den Bügel entriegelt und ausgeschwenkt hat, muss man ihn auch noch leicht nach oben ziehen und halten. Das ist etwas umständlich, weil man eigentlich beide Hände zum Zusammenklappen braucht. Im Testvideo sieht das dann bei mir auch nicht besonders einfach aus.
Auch wenn ich einen recht lockeren Eindruck mache, die 30,5 kg ziehen schon kräftig an den Armen. Zum Verstauen ist das Zusammenklappen prima, zum Tragen auf längeren Strecken nicht so geeignet. Die Pedale sind leider nicht zum Umklappen, in meinen VW Tiguan hat es aber auch so noch gerade stehend reingepasst.
Beleuchtung und Display
Die Beleuchtung ist sehr gut: Sowohl der Scheinwerfer vorne als auch das Rücklicht leuchten kräftig. Letzteres ist sogar so hell, dass es mein Nachtbild deutlich überstrahlt. Dadurch wirkt der Scheinwerfer weniger hell, was aber nicht der Fall ist. Er leuchtet die Strecke vor dem Fahrer sehr gut aus. Leider gibt es keine Bremslichtfunktion.
Das Display ist auch im direkten Sonnenlicht perfekt abzulesen und wird bei eingeschalteter Beleuchtung leicht gedimmt. Leider ist es sehr anfällig für Kratzer. Es werden folgende Informationen angezeigt: der Akkuzustand mit fünf Balken, die Geschwindigkeit, die Unterstützungsstufe (PAS), der Scheinwerfer sowie die Kilometer (umschaltbar zwischen Gesamtkilometer, Tageskilometer, Durchschnittsgeschwindigkeit und maximaler Geschwindigkeit). Zur Bedienung gibt es drei Tasten (Plus, Minus und Ein/Aus) mit einem sehr schwammigen Druckpunkt. Während der Fahrt sind diese nicht gut zu bedienen und mit Handschuhen geht es gar nicht mehr. Plus gedrückt halten schaltet das Licht an und Minus gedrückt halten aktiviert den 6 km/h Schiebemodus. Wenn man Plus und Minus gleichzeitig gedrückt hält, gelangt man ins Einstellmenü.
Da in der Bedienungsanleitung seltsamerweise von den 19 Parametern nur wenige erklärt sind, hier die fast vollständige Beschreibung:
- Die Stärke der Hintergrundbeleuchtung des Displays 3
- Umschaltung zwischen mph/kmh
- Volteinstellung für den Akku 48V (Berechnung der Akkulaufzeit/-anzeige)
- Display timeout 5 min (Abschaltung des Displays im Stillstand)
- Fahrstufen und Gasgriff 0 – 5 (die erste Zahl ist für Gasgriff aus, und die zweite für 5 Fahrstufen, 1 – 5 wäre dann Gasgriff aktiv und ebenfalls 5 Fahrstufen)
- Größe der Reifen in inch (22 inch, ist für die korrekte Geschwindigkeitsanzeige wichtig)
- Die Anzahl der Geschwindigkeitssensoren 01
- Maximalgeschwindigkeit 25 km/h (bis 32 km/h in 1 km/h Schritten einstellbar)
- Hierzu habe ich keine Informationen gefunden 00
- Hierzu habe ich ebenfalls keine eindeutigen Informationen gefunden 02
- Sensitivität der Unterstützung 01
- Intensität der Unterstützung SCN 05
- Magnete des Drehmomentsensors PAS 12
- Stromstärkenbegrenzung 14 A (hier bitte nichts verstellen, sonst könnt ihr den Controller beschädigen)
- Abschaltungsgrenze für den Akku, um ihn nicht zu schädigen 40 V (hier bitte nichts verstellen, sonst könnt ihr den Akku beschädigen, bzw. er verschleißt schneller)
- Zurücksetzen des Kilometerzählers 00
- Tempomat an/aus 00 (ist in Deutschland nicht erlaubt)
- Hierzu habe ich keine Informationen gefunden 01
- Passwort einschalten
Reichweite und Laden
Die von Touroll angegebene Reichweite von 150 km habe ich bei Weitem nicht erreicht. Allerdings bin ich auch permanent mit der stärksten Unterstützungsstufe gefahren. Bei mir waren es 71 km, dann ging nichts mehr. Der Akku ist hinter der Sattelstütze verbaut und mit einem Schloss gesichert. Somit kann man ihn entnehmen, ohne das Rad wie bei den meisten anderen Klapp-E-Bikes zusammenklappen zu müssen. Leider gibt es für den Akku keine Zwangsverriegelung. Wenn man ihn also nicht abschließt, kann er schnell gestohlen werden. Den Akku kann man entweder im Rad oder separat im Haus aufladen. Das mitgelieferte Ladegerät ist leider kein Schnellladegerät, sodass ein Ladevorgang bei leerem Akku 8 Stunden dauert. Einfach mal schnell nachladen, ist also nicht möglich.
Am Akku selbst befinden sich ein Ein-/Ausschalter und ein Taster mit LEDs, mit dem der Ladezustand angezeigt wird. Während des Ladevorgangs ist leider nicht zu erkennen, wie voll der Akku bereits ist. Auf dem Ladegerät gibt es lediglich eine rot-grüne LED für „voll/leer”.
Testergebnis
Bei einem Preis von ca. 800€ ist das Touroll S2 auf jeden Fall empfehlenswert. Dank der breiten Reifen kann man damit komfortabel durch jedes Gelände fahren und hat immer eine sehr gute Traktion. Auch Unebenheiten werden von den Reifen gut abgefedert. Der Motor ist ausreichend stark und die Geschwindigkeit lässt sich auf 27 km/h einstellen, sodass man auch wirklich mit der maximal zulässigen Geschwindigkeit unterwegs sein kann.
Die mechanischen Scheibenbremsen sind allerdings der größte Kritikpunkt. Bei Bergabfahrten würde ich auf jeden Fall immer frühzeitig bremsen, damit das Rad nicht zu schnell wird. Auch die Motorsteuerung über den Trittfrequenzsensor ist insbesondere bei Berganfahrten nicht optimal. An den hakeligen Klappmechanismus kann man sich gewöhnen, und das Nachschieben des Antriebs ist mit den Bremsen einfach zu unterbinden.
Eine Alternative wäre z.B. das Engwe Engine Pro 2.0 (zum Test). Hier hat man dann hydraulische Scheibenbremsen und auch noch eine Rahmenfederung und einen deutlich stärkeren Motor. Allerdings ist man dann auch mit ca. 1.400€ fast beim doppelten Preis.
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