Internet in Deutschland: Private Peering und mein Wechsel von Kabel mit 1Gbit/s zu DSL mit 100Mbit/s
In meiner Wohnung in Ansbach stehen mit Kabel und DSL immerhin zwei Technologien zur Verfügung. Nachdem ich für einige Jahre einen Vertrag über 1Gbit/s via Kabel bei Vodafone hatte, habe ich vor einigen Wochen zum DSL-Anschluss der Telekom gewechselt. Im folgenden Kommentar möchte ich euch meine Entscheidungsfindung darlegen. Außerdem möchte ich auf die in den vergangenen Wochen viel diskutierte Problematik des Private Peering eingehen, die unabhängig von der Technologie die Qualität der Internetverbindung in Deutschland negativ beeinflusst.
Anmerkung von Joscha: Was Benjamin in diesem Artikel nicht thematisiert, ist die Möglichkeit, einen 5G-Vertrag als DSL-Alternative zu verwenden. Das habe ich in diesem Guide beschrieben. Guten Empfang vorausgesetzt, handelt es sich dabei um eine sehr gute Alternative zu langsamen DSL-Anschlüssen!
Ganz unten findet ihr die wichtigsten Punkte zusammengefasst.
Geschwindigkeiten bei DSL, Kabel & Glasfaser
Im Juni 2024 waren Angaben von Statista zufolge rund 12,2% der Breitbandanschlüsse in Deutschland ein Glasfaseranschluss. Damit sind wir zwar besser dran als unsere Nachbarn aus Österreich, doch Länder wie Litauen, Rumänien, Spanien und Island liegen allesamt bei über 80%, teilweise sogar bei 90%.
Am weitesten verbreitet sind hierzulande klassische DSL-Anschlüsse, die mithilfe von VDSL2-Vectoring bis zu 250Mbit/s im Download erreichen. Ebenfalls sehr beliebt ist das Internet per Kabel. Über diese Technik sind in Deutschland via DOCSIS 3.1 normalerweise 1.000Mbit/s möglich. Dennoch liegt die durchschnittliche Geschwindigkeit in Deutschland unter 100Mbit/s.
Die hohe Verbreitung dieser alternativen Anschlusstechnologien wirkt sich nachteilig auf die Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen (…) und damit deren eigenwirtschaftlichen Ausbau in Deutschland aus.
Laut dem Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) besteht für 1,1% der Haushalte nicht einmal eine Grundversorgung (also keinen leitungsgebundenen Breitbandanschluss). Nur 19,6% der Haushalte werden hingegen mit Glasfaser, Kabel und DSL versorgt.
Mein Wechsel von Kabel zu DSL
Nach fünf Jahren im Kabelnetz von Vodafone habe ich im Oktober auf den DSL-Anschluss der Telekom gewechselt. Erst einmal klingt das nach keiner besonders guten Idee: Anstelle von bis zu 1.000Mbit/s erreichen mich jetzt nur noch bis zu 120Mbit/s. Der Upload ist mit 40Mbit/s anstelle von 50Mbit/s bei beiden Technologien gähnend langsam.
Das Problem: Internet über Koaxialkabel ist ein sogenanntes Shared Medium. Das für eure Anbindung zuständige Kabel wird also von vielen anderen Nutzern ebenfalls genutzt. Das führt dazu, dass die Spitzengeschwindigkeit vor allem zu Stoßzeiten oft nicht erreicht wird. Das war auch bei mir der Fall. Mitten in der Nacht habe ich oft beinahe die volle Bandbreite nutzen können, während zu Stoßzeiten am Abend gerade einmal 100Mbit/s, 50Mbit/s oder manchmal sogar nur 5Mbit/s angekommen sind.
Glasfaser ist bei Telekom, Vodafone und Deutsche Glasfaser ebenfalls ein Shared Medium (GPON). Die Bandbreite ist aber dermaßen hoch, dass es auch zu Stoßzeiten meist nicht zu Einbrüchen der Geschwindigkeit kommt. Viele Stadtwerke bauen hingegen exklusive Fasern bis zur Vermittlungsstelle. Dabei handelt es sich demnach nicht um ein Shared Medium.
DSL ist auf der letzten Meile kein Shared Medium, weil das Kupferkabel von der Telefondose zum Verteilerkasten (DSLAM) exklusiv für diesen einen Anschluss genutzt wird. Dafür ist der Anschluss im Vergleich zu Kabelinternet oder Glasfaser grundsätzlich deutlich langsamer.
Meine Überlegung vor dem Wechsel war daher folgende: Ich möchte lieber eine konstante Geschwindigkeit zu allen Tageszeiten erreichen als eine sehr hohe Geschwindigkeit, wenn ich gerade ohnehin schlafe, mit massiven Einbrüchen zu den Zeiten, in denen ich das Internet tatsächlich nutzen möchte. Die Telekom liefert an meiner Adresse via VDSL zwar nur rund 120Mbit/s, aber die erreiche ich konstant. Außerdem ist die Latenz im Vergleich zu meinem Kabelanschluss deutlich besser.
Private Peering: Wenn der Anschluss zur Nebensache wird
In den letzten Wochen ist der Wechsel von Vodafone zu einem Private-Peering-Anbieter ein heiß diskutiertes Thema gewesen. Die Telekom setzt schon seit über 20 Jahren auf Private Peering. Aber was bedeutet das überhaupt?
Public Peering und Private Peering im Vergleich
Normalerweise kommt zur Übertragung von Daten Public Peering zum Einsatz. Das bedeutet, dass sich viele Netzwerke, darunter Internetanbieter wie die Telekom, Dienste wie Meta und CDNs wie Cloudflare, an einem zentralen Knotenpunkt wie dem DE-CIX in Frankfurt treffen und dort ihre Daten austauschen. Das ermöglicht, bei ausreichender Kapazität, die effektive Verbindung vieler Netzwerke, ohne dass es zu einem Flaschenhals kommt.
Private Peering ist der Zusammenschluss von zwei Netzwerken, ohne dass der Traffic über einen öffentlichen Switch läuft. So könnte die Telekom zum Beispiel ein Private Peering mit Cloudflare aufbauen und würde dann einfach ein direktes Kabel vom Telekom-Netzwerk zum Netzwerk des CDN-Anbieters ziehen. Beide Optionen haben ihre Daseinsberechtigung, wenn sie korrekt verwendet werden.
Das Paid Peering der Telekom
Die Telekom setzt schon seit vielen Jahren auf eine Strategie, die häufig kritisiert wird. Zwar ist der Anbieter am DE-CIX in Frankfurt angeschlossen, akzeptiert auf diesem Weg aber nicht den Traffic von Content-Anbietern wie zum Beispiel Netflix. Stattdessen werden die Anbieter von der Telekom gezwungen, einen Private-Peering-Vertrag abzuschließen und für direkten und schnellen Zugang zu den Kunden der Telekom zu bezahlen. Das lohnt sich vor allem bei kleinen Datenmengen oft nicht. Kommt es nicht zu einem Paid-Peering-Vertrag zwischen der Telekom und dem Content-Anbieter, muss der Anbieter einen sogenannten Transit-Provider beauftragen, den Traffic aus dem eigenen Netzwerk in das Netz der Telekom einzuspeisen.
Diese Taktik der Telekom kann zu zwei Problemen führen: Wenn der Content-Anbieter mehr Daten liefert, als durch die vereinbarten und bezahlten Übergabepunkte passen, kommt es zu einem Stau. Diese Verstopfung kann zu sogenanntem Trombone Routing führen. Das heißt, dass selbst wenn der Nutzer und der Server in Deutschland lokalisiert sind, der Traffic unter Umständen erst einmal über die USA geleitet wird.
Vodafone zieht sich ebenfalls von öffentlichen Internetknoten zurück
Im November 2025 hat Vodafone in Deutschland begonnen, sich von öffentlichen Internetknoten zurückzuziehen. Abseits von einigen direkten Verbindungen wird das Peering an einen privaten Anbieter ausgelagert, genauer die Inter.link GmbH aus Berlin.
Im kommenden Jahr soll der Rückzug vom öffentlichen Peering in mehr Ländern vollzogen werden. Vodafone wolle mit diesem Schritt unter anderem Kosten einsparen.
Der Übergang zu einem automatisierten und flexiblen Zusammenschaltungssystem wird für Vodafone und seine Großhandelskunden Zeit, Ressourcen und Peering-Kosten (…) reduzieren. Vodafone strebt an, bis Ende 2025 den gesamten Datenverkehr in Deutschland von den bestehenden Internet Exchange Points auf das neue System zu migrieren.
Vodafone Pressemitteilung, Übersetzung durch uns
Damit haben zwei der größten Internetanbieter in Deutschland das Public Peering stark eingeschränkt beziehungsweise komplett aufgegeben. Wir schauen uns jetzt gemeinsam an, was das für die Kunden überhaupt bedeutet.
Stau auf der Datenautobahn
Wenn ein Content-Anbieter keinen Peering-Vertrag mit dem Netzanbieter abschließt und für die Verknüpfung bezahlt, kann das, wie eben bereits erwähnt, zu einer Verstopfung führen. Aus genau diesem Grund wird Paid Peering von vielen Seiten kritisiert. Für eher kleine Anbieter lohnt es sich oft nicht, einen derartigen Vertrag abzuschließen, und einige große Anbieter entscheiden sich bewusst dagegen. So konnte sich Meta als weißer Ritter für die Netzneutralität positionieren, die Telekom sieht sich hingegen im Recht und wirft Meta vor, die Fakten zu verdrehen.
Ganz unabhängig von solchen Diskussionen kann ich als Kunde der Telekom beobachten, dass es tatsächlich zu Einbußen bei der Geschwindigkeit durch nicht ideales Routing zu kommen scheint. Ein spendenfinanzierter Verein aus Wien setzt sich auf netzbremse.de aktiv gegen das Paid Peering der Telekom und anderer Anbieter ein. Dort steht zudem ein Speed Test in Zusammenarbeit mit Cloudflare bereit.
Dieser Speed Test probiert nacheinander mehrere Routen aus, um festzustellen, ob auf einer dieser Routen ein Datenstau vorhanden ist. Ich habe in den vergangenen Tagen viele Tests durchgeführt und vor allem während der Stoßzeiten sind einige Routen weitaus langsamer als in meinen Vertragsdetails versprochen. Das macht sich auch in der alltäglichen Nutzung bemerkbar. Einige Inhalte auf Internetseiten laden überaus langsam.
- Mitten in der Nacht kommt auf allen Routen die vereinbarte Datenrate an
- Zur Stoßzeit ist auf allen, außer einer Route ein Stau
Der Vorwurf: Die Anbieter bevorzugen bestimmten Traffic gegenüber anderem Traffic und verletzen damit die Netzneutralität. Das Argument ist ganz ähnlich wie bei den mittlerweile eingestellten Zero-Rating-Angeboten der Telekom und Vodafone. Der Vodafone Pass sowie StreamOn von der Telekom haben dafür gesorgt, dass Traffic bestimmter Anbieter nicht auf euer Datenvolumen angerechnet wird. Die Bundesnetzagentur hatte dann entschieden, dass diese Angebote gegen die Netzneutralität verstoßen.
Was können wir dagegen machen?
Die wohl einfachste Möglichkeit, diesem Problem zu entgehen, ist ein Anbieterwechsel. O2 ist weiterhin an öffentlichen Knotenpunkten vertreten. Das gilt ebenso für 1&1-Anschlüsse über Versatel. Sehr empfehlenswert sind in den meisten Fällen zudem regionale und lokale Provider wie NetCologne. Eine weitere problemlos umsetzbare Option sind VPN-Dienste, die die beschriebenen Probleme ebenfalls eliminieren.
Was leider überhaupt nichts bringt, ist ein Wechsel der Anschlusstechnologie. Die Probleme bei der Telekom und seit November bei Vodafone treten nämlich unabhängig davon auf, ob ihr via DSL, Kabel oder Glasfaser angebunden seid. Auch die jeweiligen Mobilfunknetze sind betroffen. Wenn ihr von langsamen Verbindungen aufgrund von Paid Peering betroffen seid, findet ihr bei Netzbremse einige Möglichkeiten, euch dagegen einzusetzen.
Unsere Einschätzung
- Schleppender Glasfaserausbau: Mit einem Anteil von nur 12,2% bei Glasfaseranschlüssen hinkt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher; der Markt wird weiterhin von DSL und Kabel dominiert.
- Stabilität vor Geschwindigkeit: Kabelinternet bietet zwar hohe theoretische Geschwindigkeiten, bricht als „Shared Medium“ zu Stoßzeiten jedoch oft ein. DSL ist meist langsamer, liefert dafür aber konstantere Bandbreiten und bessere Latenzen.
- Problemzone Paid Peering: Die Telekom (und zunehmend Vodafone) verlangt von Content-Anbietern Gebühren für den direkten Zugang. Ohne Vertrag wird der Datenverkehr oft über überlastete Umwege geleitet, was die Ladezeiten drastisch erhöht.
- Strategiewechsel bei Vodafone: Vodafone zieht sich aus Kostengründen von öffentlichen Internetknoten zurück und lagert das Peering an private Dienstleister aus, was die Problematik für Kunden weiter verschärfen könnte.
- Anschlusstechnologie ist zweitrangig: Die Peering-Probleme treten unabhängig davon auf, ob man Glasfaser, DSL oder Kabel nutzt, da der Engpass nicht auf der „letzten Meile“, sondern an den Netzknotenpunkten liegt.
- Handlungsoptionen: Ein Wechsel der Technologie hilft nicht gegen Drosselung durch Peering. Wirksame Lösungen sind die Nutzung eines VPNs oder der Wechsel zu Anbietern mit offenem Peering (z. B. O2, 1&1 Versatel oder lokale Provider).
Ich möchte jetzt kein politisches Fass aufmachen und korrekterweise der CDU, Helmut Kohl und Leo Kirch die Hauptschuld für die aktuelle Situation in Deutschland geben. Die Peering-Problematik zeigt eindrucksvoll, dass nicht nur die im internationalen Vergleich schlechte Verfügbarkeit moderner Anschlüsse wie Glasfaser das Problem ist.
Lasst uns gerne in den Kommentaren wissen, ob euer Anschluss von Datenstau aufgrund von Paid Peering betroffen ist!
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Bin seit gut einem Jahr bei der Deutschen Glasfaser. Sowohl Ausbau im Ort und auch Installation im Haus haben, nachdem es angelaufen war, sehr gut und schnell geklappt. Das 1 Gigabit Angebot für das erste Jahr war schon nice, bin nun aber downgegraded auf 400 mbit. Bis auf einen Ausfall vor 2 Wochen für ca 1,5 Tage (Bagger hat wohl Kabel gekappt) läuft es störungsfrei.
Was seltsam ist… In einigen Nachbarorten liegen nun schon seit 15 Monaten die orangen Kabel vorn Haus und nix tut sich mehr. Das mag einer verstehen.
Bin bei 1&1 und habe DSL 250. Habe bis jetzt keine Probleme mit sowas wie Peering.Finde das auch nicht gut und das wäre für mich ein Grund, nie zur Telekom zu wechseln.
Als Bestandskunde kriegt man zwar nie wirklich gute Preisnachlässe, aber mein Internet läuft so gut und Störungsfrei, das ich lieber nicht den Anbieter wechsle.